Drei Schwestern in der griechischen Mythologie

„Jetzt ist es so weit: Caro ist nun älter als ihr beiden,“ vermeldete meine Mama bei der letzten Schulfoto-Verteilung meiner 13 jährigen Schwester Caroline. Ein Blick an die Wand erklärte alles: Denn neben ihrem aktuellen Hochglanzfoto lächelten uns schelmisch zwei jüngere Mädchen entgegen.
Dies konnten wir nicht so auf uns sitzen lassen und so beschenkten wir unsere liebe Mama zu Weihnachten mit aktuelleren Fotos. Wir wollten jedoch keine Standardportraits machen, sondern uns etwas Spezielles für sie überlegen.
Schnell war ein Shooting organisiert, denn Ines und Janina waren sofort begeistert von der Idee und erweiterten unser Team.
Das Thema war wohl überlegt und wir entschieden uns für „drei Schwestern in der griechischen Mythologie“, da wir Märchen, Legenden und Mythen mit Mama verbinden und es viel kreativen Spielraum bietet. Daraus wählten wir vier Sujets: 1. Die Grazien, die Musen, die Gorgonen und die Moiren.
GrazienGrazien
Auch wenn die Grazien in keinem Mythos als Schwestern ausgezeichnet waren, war die tradierte Trinität für uns ausreichend. Sandra verkörperte Euphrosyne („Frohsinn“), Caroline Aglaia („die Glänzende“) und ich Thalia ( „Festfreude“). Das Make-up hielt ich bei beiden sehr natürlich um einem unschuldigen Hauch der Darstellungen von Botticelli, Raphael oder anderen Künstlern zu erhalten. Carolines stärker betonte Augen umschmeichelt noch ein zartes Rosa, um die Konnotation der Liebesbotin anzudeuten. Mein Make-up passte ich an die Festlichkeit des Kleides an. Um jedoch nicht zu isoliert zu wirken, harmonierte die Lippenfarbe mit dem Pink von Caroline und blieben die Augen dezent. Die Locken als Zeichen von Weiblichkeit, Verlockung und Natürlichkeit sind ebenfalls an jede Grazie abgestimmt. Während meine asymmetrisch gesteckt sind, sprühen sie bei Sandra direkt um ihr strahlendes Lachen und Carolines Wellen wallen fast ungebändigt.

Muse
Musen
Bei diesem Mythos hielten wir uns an Pausanias, der eine Trias im Gegenzug zu den neun Musen von Hesiod und anderen angab. Die Aufteilung ging besonders leicht, da jede von uns sich sofort mit einer Kunst identifizieren konnte. So wurde Caroline, die momentan sich extensiv dem Rollenspiel widmet, zu Melete, als Liebhaberin der literarischen Kunst wurde ich zu Mneme (oder Mnemosyne) und Sandras schöne Stimme sang sich Aoide entgegen. Sandra verwandelte sich in einen Rockstar, den ich mit Smokey Eyes und roten Lippen noch unterstrich. Dem Klischee des Bücherwurms entsprechend war mein Make-up schlicht und die Frisur ungekünstelt. Carolines Augendesign und der blass schimmernde Teint nehmen fantastisch, verspielt und maskenhafte Züge an, die an Schauspiel im klassischen Sinne aber auch an ihre Rolle als Echo anspielen.

gorgo
Gorgonen
Die verzauberten Schwestern boten nun besonders viele Möglichkeiten von Andeutungen und kreativer Freiheit. Das Haarstyling versucht das Kennzeichen der drei mythischen Figuren zu imitieren. Dafür wählte ich drei Techniken. Sandra legte ich eine leichte Wasserwelle, über die sich rote Haarsträhnen schlängeln. Carolines Haar formte ich über eine von mir eigens entwickelte Zopftechnik, die die Zöpfe ohne zusätzliche Verstärkungen verbiegen und aufstellen lässt. Die toupierten Spitzen betonen noch die Wildheit von Medusa. Das Make-Up ist auf die Farbe der jeweiligen Schwester abgestimmt. Das Rot von Stheno, das Grün von Euryale und für die geköpfte Medusa griff ich das Bronze der Krallen auf.

moirae
Moiren
Den Wächterinnen des Lebensfadens verzerrte ich die menschlichen Züge durch exzentrisches Make-up. Beschränkt auf Schwarz und Weiß und bei Lachesis, die für Geburt stand Blutrot. Verkörpert von Caroline war diese Göttin für mich eine Mischung von Unschuld, Kindlichkeit und Schmerz, was ich in einer bösen Puppe umsetzte. Die Verstrickungen des Lebens ließen mich bei Clotho an Wahnsinn gepaart mit Leid und Freude denken. So waren tränenverschmierte Augen, wilde Mähne und noch fröhlich wirkende Comichaftigkeit die Wahl meines Stylings. Für Atropos war Schwarz natürlich ein Muss. Um dies nicht nur Gothic, sondern skurril wirken zu lassen, befederte ich ihre Augenbrauen.
Das war der Tanz dreier Schwestern von der Leichtigkeit des graziösen Reigens zum schicksalhaften Tango mortale.
… und Mama hat nun alle Schwestern in ihrem aktuellen Alter, auch wenn sie sie so noch nie gesehen hatte.
Fotografin: Ines Freitag I Styling: Janina Jonas I Weitere Fotos unter hairy visions.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.